
Die Jahrestagung der Schweizerischen Friedensbewegung im Juni 2025 wurde als eine Gelegenheit genutzt für den Austausch über die Frage «Frieden schaffen, aber wie?». Wir dokumentieren hier den Input zur Diskussion von SFB-Sekretär Tarek Idri. Darin werden Überlegungen aufgestellt, wie wir konkret in der Schweiz zum Frieden beitragen können und wie wir mit der Friedensbewegung weiterkommen.
Der Zweck der Friedensbewegung ist im Allgemeinen, Frieden zu schaffen, Kriege zu verhindern und laufende Kriege zu beenden. Es gibt verschiedene Auffassungen darüber, was Frieden bedeutet; es gibt religiöse Vorstellungen und solche, die sich auf den zwischenmenschlichen, individuellen Bereich beziehen. Ich denke aber, für uns ist vor allem eine Bedeutung relevant: nämlich Frieden als gesellschaftlicher Zustand, in dem es keine militärischen Konflikte gibt. Frieden ist mindestens die Abwesenheit von Krieg, die Abwesenheit von militärischen Auseinandersetzungen. Darauf können wir uns in der Friedensbewegung sicher alle einigen. Als Friedensbewegung ist es dieser Zustand ohne Krieg, auf den wir hinarbeiten.
Die grundsätzlichen Mittel der Friedensbewegung, um Frieden zu schaffen, sind in meinen Augen folgende: Erstens Abrüstung, also die Aufrüstung aufhalten und umkehren, die Vorbereitung auf den Krieg stoppen. Zum Abrüstungsprinzip gehört auch, die Produktion von Waffen und Kriegsmaterial zu reduzieren und letztlich einzustellen. Ebenso muss der Export und Handel mit Kriegsgütern international beendet werden. Als zweites zentrales Mittel betrachte ich die Diplomatie. Statt auf dem Schlachtfeld müssen Konflikte, insbesondere zwischenstaatliche Konflikte, am Verhandlungstisch ausgetragen werden. Es braucht die Stärkung von internationalen Strukturen und Institutionen wie der UNO und der OSZE, es braucht internationale Abkommen und Verträge zur Rüstungskontrolle und Rüstungseinschränkung. Drittens muss die Völkerverständigung, die internationale Zusammenarbeit auf der Ebene der Bevölkerung gefördert werden. Dazu gehört der kulturelle Austausch der Völker und Nationen, die Aufklärung der Bevölkerung über den Krieg und seine Folgen, der Abbau von Feindbildern und Vorurteilen. Viertens gibt es keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit. Die Wurzeln des Krieges müssen bekämpft werden. Armut, ökonomische und politische Ungleichheit, Unterdrückung und Unfreiheit führen zu Interessenskonflikten innerhalb der Gesellschaft und zwischen den Staaten. Diese Interessenskonflikte werden immer wieder mit Gewalt ausgetragen.
Problemfelder der Friedensbewegung
Die gegenwärtige Lage auf der internationalen Ebene ist so unsicher und kritisch wie schon lange nicht mehr. Der Angriff von Israel auf den Iran war eine neue Eskalationsstufe. In dieser Situation ist es entscheidend, dass wir genau wissen, was wir als Friedensorganisation machen können, wo wir stehen und was unsere konkreten Möglichkeiten sind. Das nächste grössere Ziel der Schweizerischen Friedensbewegung muss sein, zu einer gesellschaftlichen Kraft zu werden, mit der man im Bundeshaus rechnen muss, eine gesellschaftliche Kraft, die wirklich etwas politisch verändern kann. Im März hat sich der Vorstand und das Sekretariat der SFB getroffen für eine Diskussion über die Entwicklung der Friedensbewegung und die Strategie für die nächste Zeit. Was in Gruppenbild der SFB-Lokalgruppe Bern an der Jahrestagung. Quelle: zVg. den letzten Jahren erreicht wurde, ist, dass die Friedensbewegung vorwärts macht, dass die Mitgliederzahlen steigen und vor allem, dass wir aktiver und sichtbarer geworden sind. Das reicht natürlich noch nicht. Um eine gesellschaftliche Kraft zu werden, brauchen wir mehr Mitglieder, viel mehr Mitglieder und vor allem viel mehr aktive Mitglieder. Wir müssen eine stärkere Präsenz in den Regionen aufbauen und auch häufiger in den Medien wahrgenommen werden. Um in die Medien zu kommen, brauchen wir aus meiner Sicht mehr Leute, die die SFB kompetent in den Medien vertreten können. Ich habe vorhin die Aufklärung der Bevölkerung als eines der Mittel genannt, die den Frieden fördern. Das ist etwas, dass wir als Bewegung für Frieden verstärkt machen müssen. Das wird gleichzeitig auch unsere Präsenz und Reichweite erhöhen und nicht zuletzt zu mehr Mitgliedern führen.
Ein Problem, das wir im Vorstand thematisiert haben, ist, dass wir zu wenig junge Menschen haben, die aktiv sind. Wie erreichen wir die Jugend? Wie begeistern wir sie für das Thema «Frieden»? Das ist die schwierige Frage. Eine Möglichkeit ist, die Präsenz der Friedensbewegung in den sozialen Medien zu erhöhen. Viele Menschen der jüngeren Generation beziehen ihre Informationen aus den sozialen Medien und können potenziell über Instagram und Tiktok erreicht werden. Hier müssen wir verstärkt aktiv werden.
Der nächste Schritt
Die Durchführung von Stammtischen in den Regionen hat sich als erfolgreich herausgestellt. Die Stammtische sind ein guter Ort auf lokaler Ebene für den Austausch, für Diskussionen und für das gegenseitige Kennenlernen der Aktivist:innen. In Bern, Basel und Zürich haben sich die Stammtische etabliert; jetzt gilt es, wenn möglich, in weiteren Regionen Stammtische einzurichten. Bei den Stammtischen zeigte sich aber, dass es nicht ausreicht, bloss diesen Ort für Diskussionen zu haben. Hier müssen wir in der kommenden Zeit einen Schritt weitergehen und versuchen, die Aktivsten in den Regionen zu organisieren; damit wir nicht nur über Frieden reden, sondern damit wir auch wirklich etwas tun für den Frieden. Die Aktivsten in den verschiedenen Regionen könnten sich in eine Art Regionalvorstand zusammenschliessen und Verantwortung übernehmen für die Durchführung der Aktivitäten in der Region. Die Bildung von regionalen Vorständen; das ist ein konkreter nächster Schritt, den wir machen können, um die Friedensbewegung zu stärken.
Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Wie schaffen wir Frieden? Nun, es ist wohl allen klar, dass das kein Spaziergang werden wird. Wir haben eine gewaltige Übermacht gegen uns: die herrschenden Parteien und Regierungen. Sie sind nicht ehrlich an Frieden interessiert. Auf unserer Seite steht jedoch, zumindest potenziell, die Mehrheit der Bevölkerung. Die einfachen Menschen wollen nicht für die Interessen der Herrschenden gegeneinander kämpfen und sterben, sie wollen in Frieden leben. Wir müssen diesen Wunsch der Menschen und Völker in eine reale gesellschaftliche Kraft umwandeln, indem wir die Bevölkerung organisieren und aufklären. Wir müssen zu den Menschen gehen, sie informieren, einbinden und mit ihnen für den Frieden kämpfen. Und was jedes einzelne Mitglied der SFB tun kann, ist, die Organisation in den Regionen stärken, sie an Bekannte empfehlen, bei Aktionen mitmachen, an den Stammtischen teilnehmen. Dadurch schaffen wir gemeinsam Schritt für Schritt den Frieden.