Sparen für den Krieg?

Das Militär soll Milliarden für Aufrüstung und Waffen erhalten; die Bevölkerung muss die Zeche dafür zahlen. Mit dem Entlastungspaket 27 plant die Schweizer Regierung einschneidende Sparmassnahmen im Bereich der Bildung, ÖV, Umwelt und Sozialwesen. Kritik kommt von verschiedenen Seiten.

Von Tarek Idri

Der Bundesrat plant massive Kürzungen bei den Staatsausgaben. Mit dem sogenannten Entlastungspaket 27, das von FDP-Bundesrätin Karin KellerSutter vorgelegt wurde, sind für die Jahre 2027 und 2028 Einsparungen im Umfang von je drei Milliarden Franken geplant. Rund 60 Massnahmen sind vorgesehen, wobei insbesondere die Bereiche Bildung, ÖV, Umweltschutz und Sozialwesen betroffen sind. Der Anlass für das Anziehen der Sparschraube ist in erster Linie die Aufrüstung der Armee. Das eidgenössische Parlament beschloss, das Armeebudget auf 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, von aktuell 5,5 Milliarden auf 9 Milliarden in zehn Jahren. Zusätzlich soll der Zahlungsrahmen für das Militär von 2025 bis 2028 nochmals um vier Milliarden aufgestockt werden. Diese Mehrausgaben müssen aufgrund der Schuldenbremse kompensiert werden. Und mit einer bürgerlichen Mehrheit im Parlament und in der Regierung ist klar, dass die Folgen des Sparprogramms in erster Linie die breite Bevölkerung tragen wird.

Hochschulen unter Druck
Im Bildungsbereich sind Kürzungen geplant, die gravierende Auswirkungen auf die Chancengleichheit und soziale Teilhabe haben werden. So sollen die Finanzhilfen für die Weiterbildung gestrichen werden. Bereits heute haben Menschen mit kleinem Budget oft keinen Zugang zu Ausund Weiterbildungen, obwohl sie besonders auf solche Angebote angewiesen wären. Auch die Unterstützung für Programme zur Förderung der Grundkompetenzen soll gestrichen werden.
Besonders einschneidend sind die angekündigten Massnahmen im Hochschulbereich. Der Bundesrat will die staatlichen Grundbeiträge kürzen und projektbezogene Beiträge streichen. Die Folge ist eine massive Erhöhung der Studiengebühren – für Schweizer Studierende mindestens eine Verdoppelung, für ausländische Studierende sogar eine Vervierfachung. Damit würde sich die Schweiz dem US-amerikanischen Bildungssystem annähern, in dem der Zugang zur Bildung vor allem vom Geldbeutel abhängt. Die ETH warnt zudem, dass sie die wegfallenden Gelder nicht allein durch höhere Studiengebühren kompensieren könne – auch Angebote und Leistungen müssten gestrichen werden.

Grundversorgung gefährdet
Noch einschneidender sind die geplanten Kürzungen im Bereich der Asylsozialhilfe, welche den grössten Einzelposten des Sparpakets – rund 15 Prozent der Gesamtsumme – bilden. Der Bundesrat will in diesem Bereich weniger Geld für Integrationsarbeit und Unterstützungsleistungen einsetzen. Bereits heute liegen die Unterstützungsbeiträge für die Betroffenen in der Asylsozialhilfe meist deutlich unter dem Existenzminimum. Eine weitere Kürzung gefährdet nicht nur die menschenwürdige Grundversorgung, sondern untergräbt langfristig auch die Integration von geflüchteten Menschen in die Gesellschaft. Das Entlastungspaket des Bundes betrifft auch den ÖV sowie den Umwelt- und Klimaschutz. Der Regionalverkehr erhält weniger Geld, was zu höheren Billettpreisen führen wird. Im Umweltbereich sollen unter anderem die Mittel für Biodiversität um über 70 Millionen Franken jährlich gekürzt werden.
Im Bereich der Medienförderung will der Bundesrat ebenfalls sparen – entgegen aktueller Parlamentsentscheide. In der Frühjahrssession 2025 hat das Parlament beschlossen, die indirekte Presseförderung auszubauen. Dass der Bundesrat diese nun trotzdem kürzen will, steht nicht nur im Widerspruch zur politischen Beschlusslage, sondern gefährdet auch eine vielfältige, unabhängige Medienlandschaft. Besonders betroffen wären kleinere Publikationen, wie etwa die Mitgliederund Stiftungspresse – darunter auch die vorliegende Zeitung Unsere Welt.

Mehr Diplomatie wagen!
Besonders stossend ist: Für zusätzliche Milliarden an das Militär sollen auch humanitäre und friedensfördernde Bereiche bluten. Die Ausgaben für die Internationale Zusammenarbeit werden um 274 Millionen Franken für die Jahre 2027 und 2028 reduziert. Die Kürzungen werden direkt zulasten humanitärer Hilfe, Armutsbekämpfung und Krisenbewältigung gehen. Im Westen wie im Osten wird derzeit enorm aufgerüstet. Die Schweiz macht wie immer mit. Dabei wäre es gerade in dieser Situation entscheidend, einen kühlen Kopf zu bewahren und auf eine allgemeine Abrüstung zu pochen. Nötig sind Mehrausgaben für Diplomatie und internationale Zusammenarbeit. Aufrüstung bringt nicht mehr Sicherheit, sondern erhöht die Wahrscheinlichkeit eines grossen Krieges.
Die Vernehmlassung des Sparpakets dauerte bis zum 5. Mai. Die Vorlage wird nun überarbeitet und voraussichtlich im September 2025 vom Bundesrat verabschiedet. Von vielen Seiten und gesellschaftlichen Akteuren kam bereits Kritik: von linken Parteien, Gewerkschaften, Umweltgruppen, von Hochschulen, Sportverbänden, bis hin zu den Städten und Kantonen. Der Bundesrat hat bereits angedeutet, dass er die Einwände der Kantone berücksichtigen wird und einen Vorschlag ausarbeitet, der für sie und die Bürgerlichen annehmbar ist: kleinere Belastung der Kantone und keine höhere Besteuerung der 2. und 3. Säule für die Oberschicht. Damit wird der Weg frei für die Umsetzung des Sparpakets. Gewisse Massnahmen unterliegen dem obligatorischen Referendum, bei den anderen haben die Grünen und die PdA Schweiz angekündigt, das Referendum zu ergreifen. Beim Sparen für Waffen und Militär muss auch die Friedensbewegung entschieden Nein sagen.